"Im diesjährigen Passionskonzert des Vokal Ensemble München erklingt Passionsmusik des sechzehnten Jahrhunderts aus dem Süddeutsch-Österreichischen Raum. Drei Responsorien, die der Münchener Hofkomponist Orlande de Lassus (1532–1594) für die Karsamstags-Liturgie komponierte, eröffnen das Konzert; Jacobus Handls (1540–1590) „Passio secundum Matthaeum“ erzählt die Passionsgeschichte nach dem Evangelisten Matthäus, doch wurde der Evangeliums-Text stark gekürzt und um Einschübe aus den anderen Passions-Erzählungen ergänzt. Lassus’ geistliche Madrigalia über die „Tränen des Heiligen Petrus“ angesichts seines Verrates an Jesu stechen durch ihre Dramatik und ihren weltlichen Kompositions-Stil heraus: das Leiden Jesu wird via Petrus’ Tränen zu unserem persönlichen Schmerz. Ludwig Senfl (1490–1543) wirkte ebenfalls in München, jedoch eine Generation vor Lassus. Senfls Lied-Motette über „Da Jesus an dem Kreuze hieng“ führt musikalisch vor Ohren, wie unscharf anfangs die Trennlinien zwischen Protestantismus und Katholizismus waren: vertont hier doch ein katholischer Hofkomponist eine Choralmelodie, die wir heute eindeutig mit protestantischer Kirchenmusik assoziieren."